Ärztliche Kommunikation
Als Erstes heile mit dem Wort ...
Mit einem Geleitwort von Frank Ulrich Montgomery
2014. 264 Seiten, 8 Abb., kart.
Schattauer
Wie sag‘ ich’s meinem Patienten? – Empathisch und effizient kommunizieren! Kommunikation ist in Ihrem Berufsleben als Arzt eines Ihrer wichtigsten Instrumente. Denn Gespräche sollen nicht nur aufklären und informieren, sie können auch zur Heilung
beitragen und sind essenziell für den Aufbau einer stabilen Arzt-Patient-Beziehung. Die Autorin Pamela Emmerling schult und berät seit vielen Jahren Mediziner. Ihr Erfolgskonzept: Sie wendet die wichtigsten bewährten und evaluierten Kommunikationstechniken
aus der Managementberatung auf den medizinischen Berufsalltag an. Ihr Buch bietet zahlreiche Tests, um die eigene Gesprächsführung zu analysieren und individuelle Stärken zu erkennen. Dadurch kann der Dialog mit Patienten und Mitarbeitern entscheidend
nachhaltiger und effizienter gestaltet werden. Viele Beispiele aus der Praxis zeigen auf, wie man Stolperfallen und Fettnäpfchen in der Kommunikation vermeidet und Fachwissen verständlich weitervermittelt. Dabei wird auch auf die wichtige Rolle
der Körpersprache eingegangen. Nutzen Sie Ihre Kommunikationsskills, um Patienten besser zu verstehen, die Compliance-Rate zu steigern und Botschaften klar und sicher zu vermitteln!
Buchrezension von Dr. Werner T. Fuchs (9. November 2014 auf amazon.de)
„Reden kann doch jeder.“ So lautet die passende Überschrift des ersten Kapitels. Denn auf dieser Annahme beruht auch die Abneigung vieler Ärzte, den Umgang mit dem Instrument „Kommunikation“ zu lernen. Und wer trotzdem Nachholbedarf spürt, konnte seine Bildungslücke damit begründen, dass geeignete Angebote und Lernhilfen fehlen. Doch spätestens seit diesem Buch müssen sich Weiterbildungsunwillige andere Argumente überlegen. Denn sehr viel besser lässt sich die Kunst der Kommunikation nicht vermitteln. Schon gar nicht für eine Berufsgruppe, die unter permanentem Zeitmangel leidet, Gespräche über Leben und Tod führen muss, mit virtuellen Konkurrenten zu kämpfen hat und die Wirkung eines guten Placebos kennt.
Wenn Ärzte ihre Patienten mit Worten verletzen, geschieht dies in den wenigsten Fällen aus purer Bosheit. Aber als Betroffener hat man selten den Nerv, menschliche Unbeholfenheit richtig einzuordnen. Jedenfalls erinnere ich mich noch heute an die kommunikative Katastrophenübung im Kinderspital, als uns der Chefarzt mitteilte, dass unsere Tochter schwer behindert sei. Jahre später sprach ich dann frühmorgens um 07.00 vor Chefärzten über das Thema „Neurologie und schwierige Patientengespräche“. Und wäre mir das Buch von Pamela Emmerling schon damals zur Verfügung gestanden, hätte mein Publikum wohl die ersten Visiten auf später verschoben. Aber so beschränkte ich mich auf das Instrument „Storytelling“ und beließ es mit dem Wecken von Neugier.
Auf „Storytelling“ geht auch Pamela Emmerling ausführlich ein, bettet jedoch diese Kommunikationstechnik gekonnt in Methoden ein, die bekannter und deshalb auch anerkannter sind. Den Auftakt macht sie mit fünf Thesen, um danach erste Gebrauchsanweisungen und Navigationshilfen zu geben. Und als geschickte Didaktikerin bringt sie gleich das Pareto-Prinzip ins Spiel, um das Argument „Zeitmangel“ wirkungsvoll zu entkräften.
Pamela Emmerlings Buch hat mich auch deshalb begeistert, weil die Autorin selber umsetzt, was sie predigt. Sie stellt kluge Fragen für eigenen Impulse, richtet den Scheinwerferkegel auf Wichtiges, fast präzis und knapp zusammen, setzt Fettdruck sparsam ein, gibt Praxistipps, und arbeitet mit grafischen Elementen. Aber der didaktische Höhepunkt ist die Einführung von „Dr. No“ und „Dr. Will“. Denn mit diesen beiden Kunstfiguren schafft sie es, unbewusst vorhandene Zustimmung oder Ablehnung zu thematisieren. Kostprobe: Am Schluss der Kapitels „Strokes – Hunger nach Zuwendung“ sagt Dr. No: „Mich lobt ja auch den ganzen Tag keiner“, während Dr. Will meint: Es kostet wenig, aber der Effekt ist umwerfend.“
Da es zum Konzept dieses Buches gehört, die bekanntesten Kommunikationstechniken und –theorien auf leicht verständliche Art vorzustellen, würde eine komplette inhaltliche Zusammenfassung ausufern. Die folgenden Stichworte können deshalb lediglich erahnen lassen, was den Leser erwartet: Kommunikationsexperten wie Pareto, Mehrabian, Satir, Watzlawick, Schulz von Thun, Rogers und Gordon – Emotionale Intelligenz – Gewaltfreie Kommunikation - Salutogenese – Riemann-Thomann-Modell – Transaktionsanalyse – Körpersprache – Zuhören – Metakommunikation – Gewohnheiten - Blinder Fleck – Antreiber – Rollenangebote – Dramadreieck Feedback – Fragetechnik – Komplimente – Erklären – Gesprächskiller – Mediation – Humor – Storytelling – Vertrauen – Internetarzt.
Da Veränderung oft von Angst begleitet ist, geht Pamela Emmerling im letzten Kapitel „Alles hängt mit allem zusammen“ einfühlsam auf Widerstände ein und sagt: „Wenn die Verantwortung des Arztes für das körperliche Heil des Patienten in der Eigenschaft als Sprache auch den Seelenteil beider berührt, wird aus der Ärztlichen Kommunikation eine formende Bewegung von zwei Menschen. Keiner lässt den anderen unverändert zurück. Die ganzheitliche Sicht verdeutlicht, warum manch wissenschaftlich fundierter Heilungsprozess scheitert und warum andererseits viele engagierte Ärzte in der permanenten Gefahr leben auszubrennen.“ Pamela Emmerlings Buch reduziert diese Gefahr ganz erheblich. Selbst wenn man nicht alle Tipps befolgt.
Mein Fazit: Zum Thema „Ärztliche Kommunikation“ gibt es wohl kein besseres Buch als dieses. Und weil Pamela Emmerling die bekannten Kommunikationsmodelle und –techniken so anschaulich vorstellt, empfehle ich es sogar Lesern, die andere Berufe ausüben, sich auf Prüfungen in der Kommunikationswissenschaft vorbereiten müssen oder einfach ihr eigenes Gesprächsverhalten verbessern wollen. Kurz: Der persönliche Gewinn ist groß.